Schweizer verlieren die Windschlacht
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Schweizer verlieren die Windschlacht

Kniend und liegend konnten Jan Lochbihler, Simon Beyeler und Christoph Dürr im Dreistellungsmatch Gewehr 50m an den Europameisterschaften gut mit der Konkurrenz mithalten. Stehend verloren sie im tückischen Wind von Baku den Faden. Als 21. ist Jan Lochbihler der beste Schweizer.

Wer den Schweizern am Dreistellungsmatch in der 50m-Anlage von Baku beim Dreistellungsmatch zugeschaut hat, bekam fast Mitleid. Die drei Eidgenossen mühten sich, kämpften wacker und liessen nichts unversucht. Trotzdem konnte keiner aus dem Trio im Stehend-Anschlag mit den Besten mithalten. Dabei hatte alles so gut begonnen: Jan Lochbihler, Simon Beyeler und Christoph Dürr begannen allesamt ansprechend, ja sogar richtig gut. Das gilt insbesondere für Jan Lochbihler: Mit 385 Punkten kniend und 394 Punkten liegend gehörte er zur absoluten Spitze. Wäre die Qualifikation nach den ersten 80 Schuss beendet gewesen, wäre Lochbihler im Final mit dabei gewesen, Simon Beyeler hätte sich über eine Klassierung um Rang 15 herum freuen dürfen und Christoph Dürr wäre mit einem Platz im hinteren Mittelfeld nach Hause gefahren – und der Erkenntnis, dass nicht mehr allzu viel zur absoluten Spitze fehlt.

Doch ein Dreistellungsmatch geht über 120 Schuss, wobei die 40 letzten im Stehend-Anschlag die schwierigsten sind. In dieser letzten Wettkampfphase gibt es denn auch viele Verschiebungen im Klassement. Das war in Baku noch extremer als sonst üblich: Der Wind fegte nicht nur durch den Schiessstand, sondern auch durchs Klassement. Für die Schweizer blies er leider in die falsche Richtung. Jan Lochbihler spülte es von den Top 5 zurück auf Rang 21. Das Unglück zeichnete sich bereits nach drei Stehend-Schüssen ab: Auf zwei Neuner zum Anfang folgte ein Sechser. Zwar fing er sich nach den 88 Punkten in der ersten Passe etwas auf. Das Total von 1144 Punkte reichte aber nicht aus, um ein Wörtchen um die Finalplätze mitzureden. Nicht besser erging es Simon Beyeler: In der ersten Stehend-Passe konnte er sich nur 86 Punkte aufs Konto schreiben lassen. Auch er steigerte sich zwar. Zu mehr als 1132 Zählern und Rang 41 reichte es aber nicht. Am schlimmsten traf es Christoph Dürr. Der Jüngste und Unerfahrenste im Team konnte sich stehend nur 354 Punkte ergattern. Mit 1118 Zählern belegte er den 56. Schlussrang.

Die Musik machte bei schwierigsten Bedingungen jener Schütze, der schon im Liegendmatch demonstriert hatte, wie man mit dem Wind in Baku umgehen muss. Der Weissrusse Yury Shcherbatsevich dominierte die Qualifikation mit 1165 Punkten deutlich. Im Final (ohne Wind) setzte er seinen Lauf fort. Shcherbatsevich sicherte sich die vierte (!) Goldmedaille an diesen Europameisterschaften. Der Weissrusse gewann sowohl im Einzel als auch im Team alle 50m-Disziplinen. Silber ging an den Ukrainer Serhiy Kulish, über Bronze durfte sich der Österreicher Alexander Schmirl freuen. In der Teamwertung sicherte sich Norwegen hinter Weissrussland Silber, Bronze ging an das Trio aus Deutschland. Den Schweizern blieb der zwölfte Rang.

Hoch anzurechnen ist den Schweizern, dass sie sich – kaum war der Wettkampf vorbei – der Ursachenforschung und der Fehleranalyse widmeten. Dass es die Schweizer im Stehend-Anschlag im wahrsten Sinn des Worts «verblasen» hat, erklärt Cheftrainer Daniel Burger mit Technikanpassungen im Frühling. «Wir haben die Stehend-Stellung bei allen Schützen verändert. Es braucht Zeit, bis sich das gefestigt hat», so Burger. «Bei schwierigen Bedingungen wie hier in Baku rächt es sich, wenn die Automatismen noch nicht perfekt sitzen.» Der Schütze muss sich noch zu stark auf seine Technik konzentrieren und vernachlässigt dadurch zwangsweise die äusseren Bedingungen. Die Einschätzung des Trainers bestätigt Jan Lochbihler: «Bei guten äusseren Bedingungen wäre heute ein Finalplatz drin gelegen», sagt er. «Doch äussere Störfaktoren wirken sich extrem aus, wenn die Schusstechnik noch nicht im Unterbewussten einfach so funktioniert. Heute hat der Wind den Rhythmus vorgegeben, nicht ich.» Am eingeschlagenen Weg zweifeln weder Athlet Lochbihler noch Trainer Burger: «Auf lange Sicht ist es richtig, das System zu ändern», sagt Jan Lochbihler. «Ich schiesse heute dank der neuen Technik bereits viel entspannter und benötige weniger Energie. Das wird sich in Zukunft ausbezahlen.» Auch Daniel Burger will trotz der empfindlichen Niederlage nach vorne blicken: «Verantwortung übernehmen heisst, nach Lösungen zu suchen, Wege für eine erfolgreiche Zukunft zu finden. Deshalb ist nicht das heutige Resultat wichtig, sondern das, was wir daraus machen.»